Feedback zur gemeinsamen Veranstaltung mit der Sinti-Union Hessen im Rahmen der Erinnerungskultur an den KSM am 13.11.2019
Die mit gut 200 Oberstufenschülern gut gefüllte Aula ist mucksmäuschen-still als zunächst Herr Ricardo Laubinger, der Vorsitzende der Sinti-Union Hessen vom Schicksal seiner Mutter, seiner Großeltern und seiner gesamten Großfamilie berichtet, die am 16. Mai 1940 von Hamburg aus Richtung Osten in verschieden Konzentrationslager deportiert wurden; nach Belzec, Ausschwitz und andere. Als danach noch Schüler des Geschichtsleistungskurses Ausschnitte aus seinem Buch „Und eisig weht der kalte Wind“, in dem er diese Erfahrungen dokumentiert und verarbeitet hat vorlesen, wird aus der Stille Betroffenheit und tiefes Erschrecken über die dort genannten Gräuel. Die von ihm, Macho Rose, Taylor Pauken-Reinhardt und Titi Bamberger mit Violine, Gitarren und Gesang dazu vorgetragenen wehmütigen Lieder der Sinti tragen das ihre zur Gesamtsituation bei.
Herr Laubinger gelingt es – nicht anklagend, aber mahnend – die Schüler für den besonderen Lebens- und Leidensweg der Sinti zu sensibilisieren, deren Ausgrenzung auch mit Ende des Dritten Reiches nicht zu Ende ging, wie er mit amtlichen Dokumenten aus den 1950er und 1960er der jungen Bundesrepublik eindrücklich belegt. Da saßen die alten Rasseideologen und „Zigeuner-Experten“ wieder in den entscheidenden und verantwortlichen Stellen.
Und trotzdem gelingt es ihm und seinen Begleitern, gemäß ihrer Devise, die Menschen zwar nachdenklich, aber nicht traurig zu verabschieden mit dem abschließenden Eintauchen auch in das fröhliche und lebensbejahende Element ihrer Musik die Stimmung wieder zu drehen und eine Begeisterung zu erzeugen, die sogar eine Zugabe einfordert.
Eine vergleichbare Veranstaltung im Rahmen der Erinnerungskultur gab es noch nie an den Kaufmännischen Schulen der Universitätsstadt Marburg und die Erinnerung an das Gehörte und Gesehene wird lange in den Köpfen und Herzen der Schüler bleiben.