Schüler/-innen des 2. Ausbildungsjahres der Rechtsanwalts- (und Notar)fachangestellten der Kaufmännischen Schulen der Universitätsstadt Marburg (KSM) besuchten mit ihrem Klassenlehrer, Herrn Groß, das Bundessozialgericht in Kassel, einer der fünf höchsten Gerichtshöfe in Deutschland.
Christoph Luckert berichtete zunächst über die Vergangenheit des Gebäudes in der Nähe der Wilhelmshöher Allee, das zwischen 1935 und 1938 in nationalsozialistischem Baustil als Militärgebäude für das Generalkommando der 9. Armee der Wehrmacht errichtet wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es zunächst von der US-Militärregierung genutzt, danach diente es als Stadtkrankenhaus und war – falls Kassel 1949 Bundeshauptstadt geworden wäre – als Bundeskanzleramt vorgesehen. Da Bonn Bundeshauptstadt wurde, war übergangsweise der damalige Bundesgrenzschutz in dem Gebäude untergebracht, bis 1954 das Bundessozial- und Bundesarbeitsgericht einzog. Das Bundesarbeitsgericht wurde 1999 nach Erfurt verlegt.
Die Sozialgerichtsbarkeit besteht in Deutschland aus 68 Sozialgerichten, 14 Landessozialgerichten und dem Bundessozialgericht mit 210 Mitarbeitenden, darunter 42 Berufsrichtern/-innen – geschlechtsparitätisch besetzt. Die Senate des BSG – besetzt jeweils mit drei Berufs- und zwei ehrenamtlichen Richtern/-innen – entscheiden letztinstanzlich über Rechtsfragen u. a. im Bereich der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung. Das BSG ist auch Ausbildungsbetrieb für Justizfachangestellte.
Die Klasse traf bei einem Rundgang auch die derzeitige Präsidentin des BSG, Frau Dr. Fuchsloch, und nahm auch den größten Verhandlungssaal, den „Elisabeth-Selbert-Saal“, in Augenschein. Die Namensgeberin, die aus Kassel stammte, war eine von vier „Müttern des Grundgesetzes“, die die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland im Parlamentarischen Rat erarbeiteten. Sie setzte sich nachdrücklich für die Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes ein.