KSM unterzeichnen Pflegecharta
Schlafdefizit, Krankheit des Kindes, Probleme mit der Betreuung durch Kindergarten oder Tagesmutter … Arbeitnehmer mit kleinen Kindern sprechen offen über ihre Probleme im Rahmen der Vereinbarkeit von Schule und Beruf, weiß Schulleiter Klaus Denfeld zu berichten. Bei Arbeitnehmern mit pflegebedürftigen Familienangehörigen sei das anders. Vielfach wisse der Arbeitgeber gar nichts von den Nöten seines Mitarbeiters. Dieser habe Hemmungen, den Pflegeaufwand vor dem Arbeitgeber offen anzusprechen und Möglichkeiten zu diskutieren, wie diese Doppelbelastung zu meistern sei. Pflege sei immer noch ein Tabuthema.
Um sich dieses Themas anzunehmen, unterzeichneten die Kaufmännischen Schulen Marburg (KSM) mit breiter Zustimmung des Lehrerkollegiums die Pflegecharta, ein Projekt das vom Bildungswerk der hessischen Wirtschaft unterstützt wird. Sie sind damit eines von 254 Unternehmen in ganz Hessen, das sich an dieser Initiative beteiligt. Die Charta dient dazu, die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege verbessern und ein Zeichen nach innen und außen zu setzen. Im Fokus steht dabei die Idee, „eine Organisationskultur zu fördern, die von Respekt und Wertschätzung für die Übernahme der Verantwortung für die pflegebedürftigen Angehörigen geprägt ist“ und „einen lösungsorientierten Umgang mit den Situationen der pflegenden Beschäftigten“ zu etablieren, so die Charta im Wortlaut. Gründe dafür, dass sich immer mehr Beschäftigte um zu pflegende Menschen kümmern müssen, liegen laut Angaben der Charta nicht nur im demografischen Wandel. Zusätzlich hätten gesellschaftliche Entwicklungen wie eine höhere Frauenerwerbsbeteiligung, eine längere Lebensarbeitszeit sowie die Alterung der Belegschaften dazu geführt, dass die Zahl der Pflegenden, die zugleich berufstätig sind, steigt. Derzeit würden über 76 Prozent der pflegebedürftigen Menschen von Angehörigen gepflegt.
Den Anstoß, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege auch in den Fokus der Kaufmännischen Schulen zu rücken, hat Petra Mehlmann gegeben. Als Koordinatorin der Arbeitsgruppe Lehrergesundheit und Betroffene weiß sie, wie belastend sich die Pflege von Familienangehörigen auf das Berufsleben auswirken kann. Deshalb lässt sie sich nun zum Pflegecoach ausbilden und will zukünftig ihre Kollegen, aber auch betroffene Schüler darüber informieren, wie Pflege und Beruf besser zu vereinbaren sind und welche Hilfen Betroffene in Anspruch nehmen können.
Dr. Brigitte Seefeldt-Schmidt unterzeichnete als Abteilungsleiterin der Gesundheitsberufe die Pflegecharta im Namen der KSM. „Ich finde es wichtig, Pflege in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken“, begrüßte sie die Initiative, an der auch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration, die AOK sowie die berufundfamilie Service GmbH beteiligt sind.