Corona zum Trotz
Die Corona-Pandemie hat jeden von uns bei der Ausübung von Sport und Bewegung in den letzten Monaten sehr eingeschränkt. Davon betroffen war auch der Schulsport an den Kaufmännischen Schulen Marburg (KSM) seit dem letzten Herbst. Um die Schüler auch weiterhin zu Sport und Bewegung zu motivieren und die Bedeutung von Sport als Ausgleich auch gerade in Zeiten der Corona-Pandemie deutlich zu machen, ging das Team der Sportlehrer an den KSM unterschiedliche Wege.
Die meisten der rund 1 600 Schüler der KSM befanden sich im Winter teil- und phasenweise im Home-Schooling. Diese Zeit nutzten viele, um sich unabhängig von kommerziellen Sportangeboten eigene Möglichkeiten zur Durchführung eines Workouts zu schaffen. Für manche war es vielleicht nur die Anschaffung neuer Sportschuhe, bei anderen entstanden selbstgebaute Fitnessstudios in Garagen und Kellerräumen wie zum Beispiel in der Garage von Arne Eisfeld aus der 12. Klasse des Beruflichen Gymnasiums. Darauf versuchten die Sportlehrer zu reagieren: Sie vermittelten in Theorieeinheiten wichtiges Hintergrundwissen über Übungen und Trainingsaufbau, gaben Tipps zur sinnvollen Gestaltung von Trainingseinheiten und klärten über Gefahren durch falsches Training auf.
Für die Klassen im Präsenzunterricht konnte ebenfalls kein normaler Sportunterricht stattfinden. Hygienevorgaben und die Sperrung der Sportstätten sowie der Umkleiden zwangen Lehrer, ein Bewegungsangebot im Freien und mit Abstand durchzuführen.
Gerade in den kalten Wintermonaten haben sich viele Sportlehrkräfte im Präsenzunterricht der Abschlussklassen dazu entschieden, die Unterrichtszeit im Fach Sport vor allem für Nordic Walking oder Walking zu nutzen. „Meine Berufsschüler aus der 12 BM 01 freuten sich über die Bewegung an der frischen Luft und wir waren zwischen Herbst und Frühjahr an nahezu allen Terminen mit und ohne Nordic-Walking-Stöcke unterwegs”, berichtet Moritz Rommelspacher als Schulsportleiter der KSM.
So kam auch die Idee auf, die von den Schülern gesammelten Laufkilometer zu dokumentieren. Für die Klasse 12 MF 01 von Sportlehrer Nils Schick ergab sich so zum Beispiel pro Sportstunde mit 11 Lernenden im Wechselunterricht eine gelaufene Strecke von insgesamt 60 bis 80 km, welche durch Walking von Strecken zwischen 4 bis 7 km pro Schüler zurückgelegt wurden.
Neben dem Walking im Präsenzunterricht hatten aber auch viele Lernende zuhause die sportliche Aufgabe, Kilometer beim Joggen oder Walken zu sammeln. Dokumentiert wurden diese Bewegungseinheiten oftmals per Fitness-Apps über das sogenannte Tracking, bei dem die absolvierte Strecke mittels GPS-Signal über das Handy aufgezeichnet wird. Dies ermöglicht es dem Sportlehrer, Rückschlüsse auf die durchgeführte Trainingseinheit zu ziehen und den Schülern dazu ein Feedback zu geben. So zum Beispiel, ob auch eine Aufwärmphase einbezogen wurde oder ob die gelaufene Geschwindigkeit angemessen war. Isabell Schautes sammelte per Tracking mit ihrer 11 IT 01 bereits im ersten Halbjahr fast 1 000 km, sodass diese Klasse auch mit insgesamt 1 339 km die größte Gesamtstrecke absolviert hat. Auf Platz zwei befindet sich die 12 GK 01 von Cornelia Reccius mit knapp 800 km. Insgesamt haben die KSM zwischen Herbst und Ostern knapp 10 000 km dokumentieren können.
Bewegung fand also trotz Pandemie an den Kaufmännischen Schulen statt. Neben dem Sammeln von Laufkilometern hatten viele Sportlehrkräfte weitere kreative Ideen, ihre Schüler für Sport und Bewegung unter Einhaltung der Hygieneregeln zu motivieren. Zum Beispiel durch Cross-Boule, Disc-Golf, Jerusalema-Challenge, Dart, Koordinations- sowie Entspannungsübungen.
Der Schüler Samy Kepp aus der 12 BG 04 beschreibt im Folgenden seine Erfahrungen mit dem sportlichen Distanzunterricht:
„Das Modell des Distanzunterrichts in Sport hat mir im Großen und Ganzen ziemlich gut gefallen, weil uns nicht nur die Möglichkeit gegeben wurde, zu entscheiden, wann und wo wir unser Training außerhalb der Schule ausführen wollten, sondern uns auch überlassen wurde, welche Art und Form des Training wir uns auswählen wollten. Die Trainingseinheiten reichten von normalem Joggen und Fahrradfahren bis hin zu Krafttraining mit selbstorganisierten Hanteln oder auch ein Training mit dem eigenen Körpergewicht. Der Kreativität waren durch die bewusste Gestaltung des Trainings keine Grenzen gesetzt, was gute Voraussetzungen sind, um Demotivation, Übertraining und Verletzungen zu vermeiden.
Durch das Modell habe ich auch viele neue Trainingseinheiten und Methoden kennengelernt, um sein Training optimal zu gestalten wie beispielsweise seine Trainingserfolge regelmäßig zu tracken und anschließend zu verinnerlichen, nach YouTube-Workout-Videos zu trainieren oder aber sich auch für mehr Beweglichkeit und Lockerung der Muskelfasern zu dehnen. Die Anforderung, seinen Trainingsplan nach ein paar Wochen bzw. Monaten zur Beurteilung des Lehrers abzugeben, sorgte auch für den nötigen Druck, sich aktiv für die Workouts zu motivieren, was ein großer Vorteil für unmotivierte Sportler und Sportlerinnen ist. Vor allem in der derzeitigen Lage der Corona-Pandemie ist es wichtig, seinen Körper genügend Bewegung zu gewährleisten, um sämtlichen Folgen der Masken-Pflicht und dem stundenlangen Sitzen im Homeoffice zuvorkommen zu können. Neben den körperlichen Aspekten bot das Trainingsmodell zudem auch eine Art von „Digitalem Balsam für die Seele“, weil viele Menschen beim Sport den Kopf frei bekommen, sich von alltäglichen negativen Gedanken loslösen können und es nachgewiesenermaßen zu einer Linderung von Depressionen kommen kann.
Alles in einem kann man sagen, dass mir der digital-gestützte Sportunterricht sehr gut gefallen hat, weil es viele Vorteile mit sich bringt, die im regulären Sportunterricht in der Schule oftmals untergehen oder vernachlässigt werden. Eine gute Idee wäre es, das Modell in den Schulsport zu integrieren und je nach Situation und aktuellem Thema zu entscheiden, ob es sinnvoll wäre, den Sportunterricht in das Distanzlernen zu verschieben. Sowohl Lehrer als auch Schüler würden von diesem Modell profitieren.