Flexible Unterrichtsstruktur mit neuem Lernkonzept

Rückzugsmöglichkeiten zum Lernen in ruhiger Atmosphäre, Wechseln zwischen Sitz- und Steharbeitsplätzen und eine individuellere und flexiblere Unterrichtsgestaltung – das sind nur einige der Vorteile des Umbaus mehrerer Räume an den Kaufmännischen Schulen Marburg (KSM) zum „Lernatelier 2020“. Während einer kleinen Feier übergab Stadträtin Kirsten Dinnebier den neuen Raum offiziell an Schüler/-innen und Lehrer/-innen, die bereits über positive Auswirkungen auf den Unterricht berichteten.

„Schule ändert sich, Schülerinnen und Schüler verändern sich – Pädagogik und Lernmethoden sollten darauf reagieren und dementsprechend weiterentwickelt werden, weg vom reinen Frontalunterricht. An vielen Marburger Schulen gibt es derzeit Bestrebungen, mit neuen Unterrichtsformen den Unterricht den heutigen pädagogischen Entwicklungen anzupassen. Ich freue mich daher sehr, heute einen neu geschaffenen Raum offiziell übergeben zu dürfen, der exemplarisch für die aktuelle pädagogische Diskussion an allen Schulen ist, nicht nur an den Beruflichen Schulen“, sagte Stadträtin und Bildungsdezernentin Kirsten Dinnebier anlässlich der Vorstellung des „Lernateliers 2020“ an den KSM.

Schulleiter Klaus Denfeld begrüßte neben der Stadträtin, dem stellvertretenden Schulleiter Carsten Erbes, der Studiendirektorin und Abteilungsleiterin Angelika Fresenborg, Fachpraxiskoordinator Siegfried Groß, Schüler/-innen und Lehrer/-innen auch Santina Poetsch, Leiterin des Fachdienstes Schule, Hans-Jürgen Etzelmüller, stellvertretender Fachdienstleiter und Schulservice-Leiter, sowie Ulrike Schmidt vom Fachdienst Hochbau zu einer kleinen Einweihungsfeier der neuen Räumlichkeiten. Er dankte ihnen allen – denn nur durch ihre Beteiligung konnte die Idee eines neuen Unterrichtskonzepts umgesetzt werden. „Die Stadt Marburg unterstützt das sehr gerne“, betonte die Bildungsdezernentin.

Aus einem Klassenraum und zwei weniger genutzten Nebenräumen ist ein relativ großes Lernatelier entstanden mit hohen und niedrigen Tischen ohne Ecken und Kanten zum Sitzen und Stehen. Es gibt eine Sofa-Ecke und dezent abgetrennte Einzel-Arbeitsplätze. „Die Raumstruktur lässt eine höhere Flexibilität zu und ermöglicht den Lehrenden, die Schülerinnen und Schüler individuell zu begleiten und entsprechenden Input zu geben“, sagte Dinnebier. Um in neuen Unterrichtskonzeptionen arbeiten zu können, haben die Lehrerinnen Simone Reinarz und Friederike Schulz-Conrad gemeinsam mit Siegfried Groß konzeptionelle Vorarbeit geleistet, erläuterte Denfeld.

Bislang haben mehrere Klassen der beruflichen Vollzeitschulen der KSM das neue Lernatelier genutzt, vor allem aber die Abschlussklasse der Höheren Berufsfachschule (HBFS). Es handelt sich dabei um eine zweijährige, vollschulische Berufsausbildung zur Kaufmännischen Assistentin beziehungsweise zum Kaufmännischen Assistenten für Bürowirtschaft oder für das Fremdsprachensekretariat. Die zwölf Schüler/-innen berichteten gemeinsam mit ihren Lehrerinnen Simone Reinarz und Friederike Schulz-Conrad über ihre bisherigen Erfahrungen im veränderten Lernumfeld. „Wir sind sehr glücklich und dankbar, neue Wege gehen zu können, von denen wir schon lange geträumt haben“, sagte Schulz-Conrad. Die bisherige positive Bilanz stütze sich auf drei Säulen: dem Lernort, dem neuen Konzept und dem Team aus Lehrer/-innen und Schüler/-innen. Auch Reinarz hob ihre Dankbarkeit für die Unterstützung von allen Seiten hervor.

Als besonders vorteilhaft gelten die flexiblen Möglichkeiten der Lern- und Unterrichtsgestaltung in Verbindung mit zeitgemäßem Medieneinsatz. So haben die Schüler/-innen beispielsweise die Möglichkeit, mit einem Tablet zwischen Sitz- und Steharbeitsplatz zu wechseln, was gesundheitsfördernde Arbeitspositionen fördert. Vor allem aber schätzen es die Schüler/-innen, sich ihre Zeit selbst einteilen zu können. So erhalten sie beispielsweise am Anfang der Woche eine Aufgabe, die sie bis zum Ende der Woche erarbeitet haben sollen – wie sie sich ihre Zeit zum Erarbeiten der Aufgabe während dieser Woche einteilen, entscheiden sie selbst. „Das ist eine gute Vorbereitung auf den beruflichen Alltag, der auch keinem 90-Minuten-Takt folgt“, sagte Dinnebier und ergänzte: „Die Schüler/-innen lernen Zeitmanagement, eine wichtige Voraussetzung für die Bewältigung von Aufgaben im Berufsleben.“

Die Größe des Raumes und die Anordnung des Mobiliars in unterschiedliche „Zonen“ bietet den Schüler/-innen außerdem „Rückzugsmöglichkeiten“, um in einer ruhigeren Atmosphäre individuell gefördert werden zu können. Die flexible Raumstruktur sowie die Bildung von „Lehrteams“ lassen dabei verschiedene Unterrichtsformen zu. So können etwa Schüler/-innen mehrerer Klassen parallel beschult werden. Allein die HBFS, die das Lernatelier in einem „Testlauf“ aktuell vorrangig nutzt, umfasst sechs Klassen.

Die Raumstruktur ermöglicht es jedoch allen Schulformen, von der Einrichtung des Lernateliers zu profitieren. So berichtete die Stadträtin, dass die KSM bestrebt ist, diese veränderte Unterrichtsstruktur mit neuem Lernkonzept auch in anderen Berufsfeldern einzuführen. Außerdem sind weitere Ideen aus den bisherigen Erfahrungen entstanden. Sie bedankte sich noch einmal bei allen, die im Hinblick auf Umbau und Ausstattungen in der Verwaltung an diesem Projekt beteiligt waren. Insgesamt wurden knapp 50.000 Euro verausgabt.

Stadträtin Kirsten Dinnebier (vorne, 2. v. r.) dankte gemeinsam mit KSM-Schulleiter Klaus Denfeld (vorne, 3. v. r.) den Beteiligten, die das „Lernatelier 2020“ ermöglicht haben: (v. l.) Ulrike Schmidt vom Fachdienst Hochbau, Studiendirektorin Angelika Fresenborg, Lehrerin Simone Reinarz, dem stellvertretenden Schulleiter Carsten Erbes, Lehrerin Friederike Schulz-Conrad, Hans-Jürgen Etzelmüller, stellvertretender Fachdienstleiter und Schulservice-Leiter, Santina Poetsch, Leiterin des Fachdienstes Schule, und Fachpraxiskoordinator Siegfried Groß.

Stehen anstatt sitzen: An einem Steharbeitsplatz gibt Lehrerin Simone Reinarz (Mitte) einigen Schüler/-innen Input für ihre Wochenaufgabe.

(Fotos: Simone Schwalm, Stadt Marburg)

Hierzu erschien in der „Oberhessischen Presse“ am 13.03.2020 folgender Artikel: